Der große Pokerhype ist inzwischen so ein wenig abgeflaut, aber trotzdem versuchte sich Aaron Sorkin bei seinem Regiedebut an einem Film aus diesem Glückspielgenre. Leider liefert einer der besten Autoren der letzten Jahrzehnte mit Molly’s Game nur magere Kost ab.
Molly’s Game
Der Film basiert auf der wahren Geschichte der Molly Bloom, die eine dubiose Pokerrunde für die Reichen und Mächtigen in Los Angeles und New York aufzieht. Dort spielen Hollywoodstars, Musiker, Finanzhaie und Politiker um Millionen, bis schließlich auch die Russenmafia Teil der Runde wird und das FBI ermittelt.
Die Protagonistin findet sich im Film zum einen in einem Gerichtsprozess wieder und erzählt gleichzeitig in Rückblenden von ihrem Aufstieg zur „Pokerprinzessin“. So ist der Film eine Mischung aus Gangsterballade und Krimi-/Justizdrama.
Molly’s Game ist hochrangig besetzt – neben der Hauptdarstellerin Jessica Chastain spielt Idris Elba ihren Anwalt und ein überraschend überzeugender Michael Cera mimt den Pokerhai. Drehbuch und Regie kommen von Aaron Sorkin, der als Autor bereits Oscars gewann und mit dem Drehbuch zu „Eine Frage der Ehre“ einen der besten Filme aller Zeiten kreierte. Als Regisseur war Molly’s Game jedoch sein Erstling.
Molly’s Game ist belanglos
Früher oder später stößt Hollywood mit seiner Feminismus-Agenda auf ein Problem: Wie können wir glaubwürdige weibliche Charakter erschaffen, wenn diese Charaktere keine Fehler aufweisen dürfen?
Dieses Problem zieht sich wie ein roter Faden durch Molly’s Game. Denn der Hauptcharakter muss auf Biegen und Brechen als unschuldige, unfehlbare und omnipotente Frau in einer rauen Männerwelt dargestellt werden. Doch wie kann eine unschuldige, unfehlbare und omnipotente Frau plötzlich mit der Mafia in Konflikt geraten und wegen illegalen Glücksspiels vor Gericht landen?
Nebencharaktere müssen oftmals eindimensional sein, um die Geschichte voranzutreiben, aber der Hauptcharakter kann beim Zuschauer null Sympathie erzeugen, wenn er permanent als Übermensch dargestellt wird. Molly ist Profisportler, hyperintelligent, härter als Charles Bronson in seinen besten Tagen und den Männern in der Geschichte in allen Belangen überlegen.
Nur am Rande wird erwähnt, dass Molly auch drogenabhängig war, Kontakte zur Mafia hatte und nicht nur an illegalem Glücksspiel, sondern auch an Geldwäsche beteiligt war.
Ein moralisch einwandfreier Supermensch soll plötzlich in einen kriminellen Strudel gezogen werden – ein Plotproblem, welches Sorkin nicht lösen kann, was den gesamten Film leider unglaubwürdig macht.
Abgesehen vom schlecht gezeichneten Hauptcharakter ist Molly’s Game eine durchschnittliche Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Kleinkriminellen, die zwischendurch zu unterhalten weiß, aber insgesamt ohne Höhepunkte und nachhaltige Wirkung bleibt.
Die Dialoge sind in typischer Sorkin-Manier schnell, eloquent und schlagfertig. Die Regie ist handwerklich in Ordnung.
Das IMDb ist mit 7,5 etwas zu hoch ausgefallen (der Audience-Score auf Rotten Tomatoes liegt sogar bei über 80%). Für mich maximal eine 7,0. Ein Film, der nur lohnt, wenn gerade nichts Besseres läuft.